Für 27 Dirham wohnen wie'n Sultan
Soundtrack: Berber-Techno
Stimmung: a) stimmungsvoll b) Magenverstimmung
Montag:
Jo ist schon seit einiger Zeit als illegaler Auswanderer in Marokko untergetaucht,
heute folgt auch Flo mit unserer holländischen Meerjungfrau Merijn. Am Busbahnhof in
Sevilla trifft weiterhin in wirklich allerletzter Sekunde unser dritter Mitreisende direkt vom
Flughafen ein: Jap "Kankerbrill", alter Fußball-Homie vom Merijn. Mit fetten
Teufelsbocadillos ausgestattet treten wir also unsere Busfahrt zum Fährhafen Algeciras an.
Auch dort wird's ein bisl knapp: Als wir aussteigen, haben wir noch genau 20 Minuten bis zur
Abfahrt der letzten Fähre nach Maruecos. Noch während des Sprints zum Hafengebäude stellt
sich uns ein Mädel aus Brasilien vor: Caro reist ganz alleine durch Europa, um die T-Shirts
ihres bisher noch nicht ganz so bekannten Modelabels zu verkaufen. Weil sie bis dato in
Spanien und Frankreich noch keinen großen Erfolg hatte, will sie es jetzt in Marokko
versuchen. Da sie auch wie wir nach Fes will, packen wir sie ein und ab aufs Schiff.
Am Ende der Fahrt beschließen wir, doch einfach aus Spaß mal die Pasaportes zu tauschen.
Und kaum zu glauben - es klappt! Ohne Probleme lässt der Zollbeamte einen der Holländer
als Mädel aus Sao Paolo passieren; Caro geht als deutschstämmiger Halbiberer durch! Wir
schnappen uns ein Taxi, ab zum Bahnhof und dort - auf die Sekunde genau getaimt -
springen wir auf den letzten Nachtzug in die Märchenmetropole Fes. Noch während der
Zugfahrt lernen wir die ersten Marokkaner kennen. Wie sich im Laufe der Zeit herausstellen
soll, ist es eigentlich kaum möglich, keine kennenzulernen. Einer unserer marokkanischen
Mitreisenden introduziert uns also zwei Jungs aus Fes. Die sprechen zwar nur arabisch,
werden sich später aber noch als sehr nützlich erweisen.
Morgendämmerung. Wir kommen in Fes an. Ein Haufen verschleierter und in Trachten
gekleideter Araber ist gerade auf dem Weg zur Moschee. Wir
Dienstag:
So ham wir schon Dienstag ganz früh morgens. Wir brauchen erst mal ein Hotel. Das stellt
sich als gar nicht so einfach heraus, da die meisten erst viel später aufmachen. Unsere beiden
Eingeborenen sind echt hilfsbereit. Tatsächlich laufen die mit uns ganze zwei Stunden quer
durch die Altstadt. Schließlich haben wir einen wirklichen Palast von einem Hotel gefunden.
Unserer Gruppe hat sich mittlerweile noch ein anderer Marokkaner angeschlossen. Wir
können uns seinen Namen nicht gut merken, er ist aber relativ schick und trägt immer blaue
Hemden. Die beiden Holländer, Caro aus Sao Paolo, der blaue Typ und Flo haben in dem
Hotel tatsächlich eine Etage für sich - mit Himmelbetten wie die Paschahs! Nachmittags
laden wir die beiden Hotelsucher-Marokkaner aus Dank gnädigerweise zum Lunch ein. Die
ganze Zeit folgt uns unser anscheinend sympathischer, aber etwas komischer blauer Freund.
So richtig verständigen können wir uns mit ihm nicht, da er lediglich einige Brocken Spanisch
papaliert: "Chicas guapas! Discoteca!" Flo holt am Abend Jo vom Bahnhof ab. Der sieht
etwas verstört aus. (vergleiche "die Abenteuer des Indianer Jo"). Ein Crepes ist das ganze
Desaster schuld. So kriegt Jo nur einen kurzen Eindruck von Fes und macht sich schon am
nächsten Morgen auf den Weg zurück in die abendländische Zivilisation. Anyway, später am
Abend gönnen wir uns dann mal ne richtige Festmahlzeit รก la Marokko. (Der Reisende aus
Marrakesch zieht es vor, zu zusehen). Das schmucke Palastrestaurant sieht ein bisschen aus
wie die Alhambra in Granada.
Mittwoch:
Am Mittwoch Morgen verlässt der seltsame blaue Typ unser Hotel ohne zu bezahlen. Der
Deal war anscheinend so: Ich bin immer dabei, dafür zahlt ihr für mich mit! Davon wussten
wir zwar vorher nix, aber immerhin hat uns der Typ nix abgezogen. Außerdem ist heute der
große Siteseeing-Tag. Ab geht's kreuz und quer durch die Medina. Schwer ist es dabei nur,
die hunderten kleinen Touristenführer abzuwimmeln, die einen durch das Gassengewirr
führen wollen. Einer von denen hat sich uns schließlich geangelt. Natürlich führt er uns am
Schluss seiner Besichtigungtour zum Shopp seines Vaters, damit wir dort den Lebensunterhalt
seiner Familie finanzieren. Auf dem Weg dorthin passieren wir mitten durch eine absolut
unglaublich stinkende Tuchfärberei.
Abends landen wir in einem Dachterassen-Restaurant. Dort hat sich auch ne berberische
Musikertruppe breitgemacht. Zu techno-ähnlichen Zupfinstrumentklängen schwingen die ihre
Zipfelhüte und tanzen bis sie total in Trance sind.
Später wollen wir ein bisschen das nordafrikanische Nachtleben erkunden. Es stellt sich
heraus, dass es in Fes davon nicht so viel gibt. Wir streifen durch die ausgestorbenen Gassen
der Neustadt und sehen schließlich im zweiten Stockwerk eines Hochhauses ein blau
beleuchtetes Apartment. "Hey kommt rauf!", ruft uns der Barmann aus einem Fenster zu. Er
schließt uns die doppelt verriegelte Tür auf und wir betreten das zwielichtigste Lokal von
ganz Fes: Dort wir Alkohol ausgeschenkt! Das ist in Marokko zwar nicht verboten, aber
anscheinend unüblich. Wir kommen uns jedenfalls ganz schön komisch vor.
Zurück im Hotel genießen wir noch nen Schokoriegel und werden von den Klängen einer
arabischen Hochzeit um die Ecke in den Schlaf gewiegt.
Donnerstag:
Nach nur wenigen Stunden Schlaf geht's schon am Donnerstag wieder Richtung Norden.
Caipirinha-Caro verlässt uns und bricht Richtung Marrakesch auf. Wir hoffen, dass sie dort
keinen Crepes isst. Flo trennt sich von den beiden Holländern in Meknes. Die wollen da noch
was länger bleiben, Flo kriegt noch heute Besuch von seiner Schwester in Sevilla. Allerdings
hat das Schiff von Tanger nach Algeciras ein paar Stunden Verspätung. Der letzte Nachtbus
von Algeciras nach Sevilla ist bei der Ankunft leider schon weg. Also: Eine Nacht in
Algeciras. Glücklicherweise findet sich eine saubere und billige Absteige...
Freitag:
...so dass Flo am Freitag den ersten Bus morgens in die andalusische Bratpfannenstadt
schnappen kann. In Sevilla warten schon Schwester Nadja und ihre Freundin Birgit
ungeduldig auf eine Stadtführung. Außerdem ist Jos Wohnheimsbarmentorinfreundin Maike
zu Gast. Die maskulinen Hausbewohner sind in der Unterzahl! Jo kann von dem ganzen
Tohuwabohu allerdings nicht viel genießen. Der ist immer noch so schlecht drauf, dass er
wieder ins Krankenhaus muss und anschließend im Haus von Rocio gesund gepflegt wird.
Nadja, Birgit, Maike und Flo gehen auf Stadtbesichtigung. Flo muss die Mädels schon relativ
bald allein lassen, da er wieder in seiner Bar anschaffen muss.
Samstag:
...das gleiche am Samstag tagsüber. Abends statten wir nochmal unseren mexikanischen Tex-
Mex-Kollegas einen Besuch ab. Dann in die Carboneria - Pflichtprogramm für Sevilla-
Touristen! Dort wird heute Abend Flamenco geboten, von ganz schön beleibten, bauchfreien
Tänzerinnen. Mal was anderes. Schlafen lohnt sich eigentlich nicht mehr, denken sich Nadja
und Florian. So verbringen sie den restlichen Teil der Nacht in der Bar "Carpote" am
Flussufer, entspannen danach ne halbe Stunde im Bett...
Sonntag:
...und fahren Sonntag mit Birgit in aller Herrgottsfrühe zum Flughafen. Für Maike ist der
Sonntag nicht so entspannend: Im Park am Guadalquivir wir ihr von einem Cabron auf einem
Moped ihre Handtasche abgezogen, mit allen Papieren und dem Fotoapparat. Das mit den
Ausweisen erweist sich als kein Problem - das deutsche Konsulat ist direkt um die Ecke.
Aber der Foto ist wohl weg.