Für 26 Dirham speisen wie bei Scheich zu Hause
Soundtrack: Schlangenbeschwörer
Stimmung: orientalisch
Wir gehen nochmal etwas zurück in der Zeit... Anfang September
startet Jo seine große Afrikaumrundung. Genauer gesagt erkundet
er Marokko. Flo hängt noch einige Nächte in seiner Bar rum und
dreht dort bierseeligen Amis Supersonderangebote an. Die beiden
haben ein Date: Treffpunkt ist Dienstag, 7. September um 19 Uhr
der Bahnhof der nordmarokkanischen Stadt Fes.
Hier berichtet erst mal Jo, was ihm auf seiner Solotour nach
Marrakesch so alles zugestoßen ist. Anmerkung Flo: Es handelt
dabei um unzensierte Aufzeichnungen eines aufgedrehten
Halbsevillaners. Für den Inhalt haftbar zu machen ist
ausschließlich der Autor! Folgend also das Mammutwerk
ozeanischen Ausmaßes:
Von Schlangenbeschwörern und Crepes
- die Abenteuer des Indiana Jo
Marhaban! Da bin ich also in Marrakesch gelandet. Ich fühle mich
wieder so wie damals, als ich durch die Gassen Assuans schweifte
und mich den Tönen, Farben und Gerüchen des Orients hingab. Heute
ist es jedoch etwas anders - ich bin ganz allein auf mich gestellt.
Wie schwer das sein kann, habe ich gestern schon am eigene Leibe
erfahren müssen...
Es ist Mittwoch, 1. September, 5 Uhr
Der Wecker reißt mich aus
meinem kurzen Schlaf. Gefeiert wurde mal wieder bei uns aufm Dach
mit unserer bekannt guten Mischung aus internationalem Publikum
und Planschen. Also mache ich mich zum Prado San Sebastian auf. Um
6 Uhr geht der Bus zum Fährhafen Algeciras. Knappe 3 Stunden später
stehe ich in der Verkaufshalle der Tickets, wo eine jede Rederei
mit der tollsten Überfahrt und günstigen Tarifen wirbt. Letztendlich
nimmt jeder die nächstbeste Fähre und die Preise sind einheitlich.
Neben mir sind noch ganze 14 Mitreisende auf der großen Fähre als
wir um 10 Uhr ablegen. Es ist so neblig, dass ich die Affen auf
“The Rock“ nicht sehen kann. Welch ein Glück! Vorbei geht's an Tarifa
- ab nach Tanger. Aus angekündigten 2 ½ Stunden Fahrzeit werden
schnell 3 ½ Stunden. Macht nix. So betrete ich um halb zwölf
marokkanischer Zeit afrikanischen Boden. Damit wäre Nordafrika fast
komplett. Fehlt nur noch Algerien, aber ich bin ja noch jung!
Kaum im Hafen angekommen, weist ein freundlicher Mann mir den Weg
zur Gepäckaufbewahrung. Ich Arschloch! Ich dummer, blöder Idiot! Ich
weiß doch eigentlich, wie so was endet... Schon wars passiert:
Abschütteln? Unmöglich. Nun gut, man soll sich mit seinem stehts
freundlichen und zuvorkommenden Führer anfangs auf ein Entgeld einigen.
20 Dirham, 2 Euro. Super. Also wandern wir ein wenig durch Medina und
Kasbah - die ältesten Teile Tangers. Die Stadt ist genau das, was sie
für Nichtsahnende oder Unerfahrene Afrikatouristen eigentlich nicht
sein sollte. Aber um den vermeintlichen Vorurteilen auch gerecht zu
werden, ists hier besonders dreckig und das “Drogen-Problem“ gibt's
hier nicht. Es wird praktiziert! Abdul, mein guter Freund, zeigt mir
alte Gebäude und erzählt mir in gutem Englisch aber auch auf Deutsch
seine Lebensgeschichte. Ja ja, in Deutschland war er 1981. Mim Zirkus.
Er sei ja Artist. Aber dann dieser unsägliche Beinbruch und dann noch
die 4 Kinder... Man hat et aber och net leicht.
Als wir an der Gepäckaufbewahrung wieder ankommen, spielt sich
folgendes Szenario ab: Er läuft rein, holt meinen Rucksack und
schmeißt ihn ins nächstbeste Taxi. Das ich erst abends zum Bahnhof
will, ist egal. Mir bleibt herzlich wenig Spielraum, also auch
einsteigen. Im Rucksack ist ja außer Geld und Pass quasi alles. Da
er ja ein guter Freund von mir ist und vom Taxifahrer sowieso, macht
einen Superpreis. 45 - Euro wohlgemerkt! Wenn er nicht dabei wäre,
dass Doppelte. Klar. Du blöder Hurensohn denke ich mir und fange ein
wenig an rumzutoben. Als ich meine Stimme anfangs verhalten, forsch
sie bald jedoch erhebe, ists aus mit der Freundlichkeit. Der gute Mann
wird sogar etwas handgreiflich und mir, so sagen wir, ein wenig unwohl.
Ich biete dem Wichser so lange Paroli, bis er anfängt zu schreien. Und
auf einmal, nach nur 2 km Fahrtstrecke, sind wir auch schon am Ziel
angelangt. Da sind wir bei 30 Euro. Da ich genau weiß, dass diese Strecke
keine 15 DH - 1,50 Euro kosten würde, da mir aber meine Sachen doch recht
wichtig sind, drücke ich ihm 20 Euro in die Hand und dann nix wie raus.
Nein, so hatte ich mir den Auftakt nicht vorgestellt. Wirklich nicht.
Da Tanger eh wenig zu bieten hat und ich nun schon am Bahnhof bin, nehme
ich den Zug nach Marrakesch um 14 Uhr - Vorher schnappe ich mir noch nen
feinen Kebap-Teller. Ich konnte mir sonst nichts anderes zu Essen holen...
Die Anfangseuphorie deutlich gedämpft, geht's ab gen Süden.
Nach einem Umsteigemanöver in Sidi Kacem geht's weiter über Rabat und
Casablanca nach Marrakesch, was ich nach 9 anstrengenden Stunden Zugfahrt
erreiche. Es ist 23Uhr. Mein Vertrauen in die Marokkaner ist schwer
gesunken, vor allem wenn sie Englisch und / oder Deutsch sprechen. Ein
Mitreisender mit dem ich ein paar Wörter in einem “babylonischem
Sprachenwirrwarr“ (F. Piedra) aus arabisch, französisch, englisch,
spanisch und deutsch wechselte, besorgt mit jedoch ein Taxi. Danke.
Da ich noch kein Hotelzimmer habe, versuche ich's mit einem Tipp ausm
DuMont Reiseführer. Das Hotel Ali am belebten Place Djemaa El Fna ist
aber schon voll. Also um die Ecke ins nächste. Sieht scheiße aus. Super.
Und ein Zimmer gibt's auch. Ohne Klima, dafür mir einigen Cucarachas.
Natürlich nehme ich es. Der Preis ist genau dem Jo seine Kategorie:
120 DH - 12 Euro. Toiletten und eine Dusche sind aufm Flur. Aber ich
kenne ja Nordafrika und deren Vorstellung von Sauberkeit und dergleichen.
Macht also auch nix. Zu meiner Freude treffe ich Andi (nicht Y.) aus
Stuttgart zwischen Tür und Angel. Auch Alleinreisender. Mit ihm erlebe ich
den Place Djemaa El Fna als nächtliches Märchen aus 1000 und 1er Nacht.
Geschichtenerzähler, Schlangenbeschwörer (die Viecher sind echt!), Tanz,
Gesang und unzählige kleine Fressbuden mit allerlei gebackenem und
gebratenem. Einen frisch gepressten O-Saft für 25 Cent wird sich genehmigt.
Andi war den Tag schon da und hat ihn vorher schon vertragen. Auch das
nächtliche Abendessen - Fleisch vom Grill mit Pommes, dazu Reis und Salat
und als Tapa Oliven - geht alles ohne Probleme. Alles zusammen für 3,5 Euro
inkl. Zwei Getränke!
... Und dir Hurensohn musste ich 20 Euro in die Hand drücken! Arrghh!!!
Der Alte Wächter wird zu Guter Letzt befragt, wie er den ereignisreichen
Tag so erlebt hat. Da Andi morgen in aller Früh in den Hohen Atlas
aufbricht heißts: Salam, und danke für die Tipps! Im Zimmer ist es heiß.
Fenster gibt es nicht. Dafür einen Ventilator, der ein wenig quietscht.
Ach, wie herrlich ist das Morgenland!
Donnerstag, 2. September
Erstaunlich früh, gegen 8:30 Uhr werde ich wach. Frühstück is nicht.
Vielleicht auch besser so! Die Dusche tut verdammt gut. Sogar ein
wenig warmes Wasser ist am Start. Das Hotel hat auch eine Dachterrasse.
Zu meinem Entsetzen ist es bewölkt. Verdammt. Bin ich etwa in Deutschland,
oder wo? Ich packe die Kameras ein und mache mich auf, neue Hemisphären
kennen zu lernen. Ohne wirkliches Ziel bewege ich mich durch eine andere
Welt. Eselskarren säumen die Strassen, Kunsthandwerker und Textilien in
allen Farben finden sich an jeder Ecke. Aber auch die für Europäer so
ungewohnten Anblicke wie frischer Fisch und Fleisch aufm dreckigen Boden -
das ist der Orient. Farbenprächtig und geruchsintensiv. Ein tolles Erlebnis.
Nich so toll ist, dass ich ein wenig die Orientierung verloren habe. Ein
großer Entdecker darf sich von so Kleinigkeiten aber nicht einschüchtern
lassen; deshalb laufe ich frohen Mutes weiter. Irgendwann wird's aber auch
Indiana Jo zu bunt und er fragt in einer Apotheke nach dem richtigen Weg.
Endlich wieder am Place angekommen, teilt man der Welt via Internet und
Homepage seine momentane Lage mit. Die Schlangenbeschwörerjungs sind ein
wenig skurril. Die wollen mir doch tatsächlich so ne Kobra um den Hals
legen. Das Angebot lehne ich dankend ab. Bei einer Cola in einem der
zahlreichen Panorama Cafes werden Photos geschossen. Der Ausblick ist
einmalig. Am Horizont die Berge des Atlasmassivs, in der Mitte die grandiose
Stadt Marrakesch und direkt vor mir der quirlige Place Djemaa El Fna. Als
ich gerade aufbreche findet unten auf der Straße ein lustiger Kampf Frau
gegen Frau statt. So mit beißen und an den Haaren ziehen. Wahrscheinlich
meinte die eine zur anderen, sie würde ohne Salz kochen oder so. Mit dem
festen Entschluss mich nicht mehr zu verlaufen, wage ich mich in die Souks.
Das ist der eigentliche Basar und noch viel verwinkelter als die Straßen
eh schon sind. Die Souks von Marrakesch sind neben Fes die größten des
Landes. Ihr Eingang ist weder besonders gekennzeichnet noch auffällig.
Passiert man einige Stände mit allerlei Allerlei, gelangt man durch ein
Tor ins Labyrinth. Es gibt einen Leder-, Flechtwaren-, Teppich-, Tier-,
Früchte-, Schuh- und noch zig weitere Kunsthandwerksouks. Alles ist
überdacht, zumindest war es mal so. Die Palmenblätter und Holzleisten
lassen überall die Sonnenstrahlen durchscheinen - ein wahrlich magischer
Rundgang mit wunderbaren Licht - Schattenspiel. Ich finde zielstrebig den
Ausgang. Wirklich!
Da fällt mir auf, dass es schon reichlich spät am Tag ist und eine
Nahrungsaufnahme ganz angebracht wäre. Auf die schönen Aussichtsterrassen
geht's natürlich nicht zurück um dort zu Essen. Touristenpreise sind doch
nur was für Anfänger... Und da mir das Essen letzte Nacht so prächtig
geschmeckt hat und mein Magen ein eindeutig positives Zeichen vermeldet,
geht's wieder in das Restaurant am Rande des Place. Heute gibt's ein
Gericht mit Kartoffeln, Datteln, feinen Gewürzen, Limone und vor allem
Huhn. Nennt sich Tajine, ist ein Gericht der Berber. So eine Art Eintopf,
dafür aber zu wenig flüssig. Ungefähr verständlich? Bei den Preisen macht
Reisen Spaß. Und lecker!
Da mich die Gegend morgens so ein wenig verwirrte, gehe ich also genau in
die entgegengesetzte Richtung zum Bahia-Palast. Wäre bestimmt schön zum
anschauen, aber nur mit Führer. Darauf habe ich - verständlicher Weise -
keinen Bock. So schreite ich zurück in meine Nobelbude, spreche mit dem
Alten Wächter und mache ein Nickerchen.
Am frühen Abend spaziere ich wieder über den Place. Leute, ihr müsst
verstehen, dieser Platz ist der Wahnsinn! Einige Tage sich nur hier
aufhalten würde reichen um Eindrücke zu sammeln, die so schnell nicht
weichen würden. Die Fressbuden-Jungs fangen langsam damit an ihr Business
zu errichten und neben die Schlangenbeschwörer haben sich nun auch
Artisten, Erzähler und Kollegen mit Affen und anderem Kriechvieh
dazugesellt. Auch ein Zahnarzt hat seine “Praxis“ inmitten des Geschehens
aufgebaut. Ein Tisch mit ohne Ende Prothesen und losen Zähnen. Wo er
studiert hat, erschließt sich mir nicht. Da schaue ich erneut bei den Jungs
mit den Snakes vorbei und eh ich mich versehe ham wir den Salat und der Jo
so ein Teil um den Hals hängen. Nun gut, sage ich mir, Jungwirth, den Spaß
musste jetzt mitmachen! Der Mann spricht mal wieder sämtliche mir bekannten
Idiomen. Er macht zwei Bilder von mir und wünscht mir dann noch Gesundheit,
ein langes Leben, viele Kinder und 15 Frauen. Nicht schlecht. Dabei drückt er
den Kopf der Schlange auf mein Handgelenk - soll Glück bringen. Aha. Die
Photos und die netten Wünsche sollen dann auch nur 20 Euro kosten. 10 DH
kriegt der Schlingel von mir. 1 Euro muss reichen, denn die Vorhersage mit
den 15 Frauen war doch bestimmt geschummelt!
Wie schon erwähnt, gibt's bei mir auch ne Dachterrasse mit Cafe. Dorthin
geselle ich mich und genieße zu den Klängen a la Sarah Conner meine 8. Cola
heute. Verdammt - wer hat eigentlich gesagt, dass Bier nur in Luxushotels
gereicht werden darf? Wenn die wüssten, was für ein guter Kunde bei denen
wohnt und was die durch den einnehmen könnten... Bleibt mir wohl nix anderes
übrig, als morgen oder so mal im Hivernage-Viertel vorbeizuschauen. Dort
gibt's die Buden mit dem Gerstensaft drinne.
Nach dem Abendessen, der Schuppen war nicht so toll, komme ich auf den Place
nicht mehr drauf. So viel Volk tummelt sich da. So schaue ich erneut im Netz
vorbei und rede mit dem Alten Wächter.
Freitag, 3. September
Hat irgendwer an meiner Inneren Uhr herumgefummelt? Schon wieder wache ich
um 8:30 Uhr auf. Gefrühstückt wird in meinem “Stammrestaurant“. Ein Glas
frisch gepresster O-Saft, eine Kanne Tee mit Minzeblättern, eine riesiges
Stück Kuchen und ein Crepe mit Honig für 14 DH. Ich beschreibe das alles so
genau, da ich bei dieser Reise bewusst weniger Bilder mache. Ihr sollt Euch
den Text mit Verstand und ein wenig Phantasie durchlesen. Versuche man sich
diese köstlichen Speisen vorzustellen, dazu im Hintergrund das super
Flötengequietsche der Schlangenjungs...
Gestärkt mache ich mich zur Wanderung auf. Ich verlasse die Medina, will
Richtung Menara-Bassein. Leider verpasse ich mal wieder eine Abzweigung und
so sehe ich mehr von der beeindruckenden roten Stadtmauer, als mir eigentlich
lieb. Egal. Eine Ausfallstrasse führt zu dem netten Bassein, welches eines der
beliebtesten marokkanischen Touri-Photo-Motive sein soll. Nun ja, ist halt ein
Becken mit grau-braunem Wasser drin und am Ende steht so ein Pavillon. Wenn
die Sicht es zulässt erkennt man am Horizont die schneebedeckten Gipfel des
Hohen Atlas. Für Schnee jedoch ist es Anfang September noch zu früh, außerdem
erkennt man die Berge heute eh nur schemenhaft. Allabendlich gibt's hier ein
Touri-Spektakel was auf den Plakaten so daherkommt wie Holiday on Ice. Statt
Eis sind hier aber Laufstege im Wasser. Eis wäre in der Wüstenregion ja auch
völliger Schwachsinn... Die Preise sind natürlich mehr als unverschämt.
400 DH für einen Tribünenplatz. Dafür kann Herr Jungwirth mehr als drei Tage
in seinem Palast residieren.
Auf dem Rückweg drehe ich eine Runde durchs Hivernage-Viertel. Es grenzt direkt
an die Stadtmauer und hier tummelt sich der Pauschaltourist und die
Marrakeschonesier, die was auf sich halten. Und´s bezahlen können! Ich denke
so gut wie jede Luxushotelgruppe hat hier einen Ableger hingesetzt. Sheraton,
Le Meridien und die anderen 5-Sterne Vereine. Und halt die Villen der Jungs
mit den Autos deutscher Fabrikate. Wieder innerhalb der roten Mauer muss ich
mich unbedingt ins “Mamounia“ schleichen. Das Jet-Set Hotel schlechthin in
ganz Marokko. Wunderschöne Gartenanlagen, ein Ballsaal und das hauseigene
Kasino fehlen hier nicht. Die Preise, so munkelt der marobikkabinische
Volksmund, bewegen sich um die 20.000 DH pro Nacht. Dafür solls aber auch
keine Kakerlaken geben... Schade, dass gerade keine gelangweilte Tochter
(um die 20) eines Big-Boss im Garten rumhopst. Mmh..
An die große Koutoubia Moschee komm ich nicht heran, da der Strom der Männer
nicht abreißen will, die gerade von Allah zurückkommen. Besondere Bedeutung
kommt der Moschee vor allem wegen seines Minaretts zu - es ist das einzige
vollendete der Almohaden Zeit (12. Jahrhundert). Zusammen mit der Giralda von
Sevilla (kenn ich auch!) und dem Hassanturm in Rabat ist es bis heute Vorbild
marokkanische Minarette. Genug gekluggescheißert, so was kann sich doch eh
keiner merken!
Hunger. Also zu den Freunden vom “Toubkal“. Komplettmenü mit nem halben Huhn.
Wieder ausgezeichnet. Schade, dass ich keinen Schrittzähler dabei habe. Er
wäre heute heiß gelaufen. Um die Blasen am Fuß zu beruhigen, gibt's ein
Schönheitsschläfchen.
Nachdem ich ein Stückchen schöner geworden bin, teile ich mich mal wieder
der Welt mit. Den frühen Abend verweile ich auf der wohl aussichtsbesten
Terrasse Panoramique von der Brasserie du Glacier. Da ich morgen ganz dick
in die Feilscherei einsteigen will, husche ich ein wenig durch die Souks um
schon mal vorzumerken, wers morgen mit mir, Sidi Jo, zu tun bekommt! Da der
Magen noch fast komplett gefüllt ist vom Mittag, gibt's Abendessen light -
en feinen Kebap. Da heute bekanntlich Freitag ist und noch bekanntlicher
dieser Tag der Sonntag bei den Arabern ist, scheint der Place aus allen Nähten
zu platzen. Heute neu: die Kirmes-Boxer. Es ist doch immer wieder ein Spaß,
wenn sich zwei (Halb-)Starke die Nasen einhauen. In Deutschland sinds die
besoffenen, die sich freiwillig hauen. Aber hier? Voll können se ja nicht sein.
Es muss also Spaß machen. Da ich den Leuten nicht weh tun möchte, gehe ich lieber
weiter zum nächsten Menschenauflauf. Hier sind die Artisten am rumhüpfen und
nebenan die Liedermacher. Am tollsten sind aber die alten Männer die erzählen.
Natürlich hab ich nicht den geringsten Schimmer von dem, wat die verzällen,
jedoch bleib ich stehen und lausche ein wenig. Da sitzt der Alte - insgesamt
schätze ich die Erzähler auf 5 bis 7 - aufm Boden, hat mit Kreide mir nicht
ganz schlüssige Wörter und Zahlen vor sich gekritzelt und brabbelt. Aber wie.
Der lebt das Erzählte mit Händen und Füßen. Und diese Jungs schaffen es die
umherstehenden in ihren Bann zu ziehen. Wer von Euch kennt “Speakers Corner“
im Hyde Park in London? Vergesst den Quatsch! Obwohl ich nix verstehe is et
ne Riesen Gaudi. Angeblich haben die Erzähler so viele Fans, da diese weder
lesen noch schreiben können. Nachprüfen kann ich's nicht, genauso wenig wie
die angebliche Tatsache, dass die Geschichten immer bis zu dem Punkt erzählt
werden, wos spannend wird. Dann nämlich sammeln die Peter Lustigs des Orients
ihren Lohn ein und verweisen auf morgen, dann geht's weiter. Für die Teenies
unter meiner verehrten Leserschaft: Das ist so wie bei GZSZ!
Obwohl ich zu gerne probieren würde, lasse ich nur meine Augen schmausen, als
ich wieder und wieder um die vielen Fast-Food Buden herumschleiche. Es werden
so um die 40 sein, um die Bänke herum aufgebaut sind. Das Angebot an Speisen
ist größer als bei McDonalds und sicherlich, so nennen wir es,
“interessanter“. So finden sich Imbisse, wo es nur gekochte Schnecken gibt
und andere wo nur ein heißes Süppchen den Gaumen reizen soll. Die Mehrzahl
jedoch bietet Fleisch in allen Variationen und vor allem von allen mir
bekannten Körperteilen an. Ganze Viecher, wahrscheinlich warens mal Lämmer,
werden fachmännisch zerlegt, selbst finden sich Liebhaber der Köpfe unter den
schmausenden Gästen. Alles, wirklich alles kann man wohl essen. Auch erblicke
ich einen hastigen Gehirnverzehrer. Ob es ein Lamm BSE Versuchkarnickel ist,
oder ob er sich durch den Verzehr mehr Weisheit erhofft - man weiß es nicht!
Ich denke nix von den Tieren wird weggeschmissen. Auch die Knochen nicht,
die sind wohl wieder Nahrung für die nächsten Fleischlieferanten. Ein
Teufelskreis. In der Luft liegt ein Gemisch aus Holzkohle, verbranntem Fett
und den nach Rosenduft riechenden Abgasen der ganzen öligen Dieselgeneratoren,
die für das Licht sorgen. Und da jeder Stand so einen Generator hat, kann das
mitunter auch ganz schön stechend sein in Nase und Lunge... Unglaublich, dieser
Place!
Samstag, 4. September:
Vielleicht singen meine tierischen Mitbewohner jeden Morgen um kurz vor halb
neun ein Ständchen, anders kann ich es mir nicht erklären, warum ich immer
um diese Zeit aufwache. Nun gut, zum Frühstücken geht's mal wieder ins
“Toubkal“. Anschließend nehme ich mir ein Taxi, indem ich ne kleine Tour
durch die halbe Stadt mache und schließlich im Jardin Majorelle ankomme,
welcher sich nord-westlich der Medina befindet. Eine Oase der Ruhe in der
sonst doch recht lauten ehemaligen Karawanenstadt. Obwohl ich kein
Ornithologe bin - das sind doch die Freaks mit den Pflanzen, oder?! Schreiben
kann mans ja mal, hört sich nach überdurchschnittlicher Intelligenz an - ist
dieser Park wirklich der schönste, den meine Äuglein je erblickten. Flora
aus allen bekannten Erdteilen fügen sich zu einem bunten Gesamtkunstwerk
zusammen. Das Plätschern des Wassers wirkt zusätzlich wie eine entspannende
Massage auf den überhitzten Körper. Kein geringerer als Modeschöpfer Yves
Saint Laurent darf das Stückchen Eden sein Eigen nennen.
Die Fahrt mim Taxi war auch ein wenig dazu gedacht, eventuell einen Supermarkt
zu erspähen indem man Gerstensaft hätte erstehen können. Doch selbst die
geschulten Adleraugen konnten nix ausmachen. Da die Frage an einen
Einheimischen nach Alkohol wohl mehr als unangebracht wäre, behält der
“Grande Explorador“ lieber einen nüchternen Kopf und bahnt sich seinen Weg
zu Fuß zurück zum Place. Und das ist länger als man denkt... Wieder
angekommen am Ort, der die Phantasie beflügelt, erwartet mich eine ungewöhnlich
große Menschenmenge für diese Uhrzeit. Die kranken Schlangen-Boys spielen
wieder Katz und Maus mit ihren “Tierchen“. Eine findets wohl gar nicht toll
und verbeißt sich im Arm des Komikers. War wohl so gewollt - man muss dem
Pöbel ja was bieten... Bescheuert. Der Biss ist auf jeden Fall echt. Mit
schmerzverzogenem Gesicht präsentiert der Schlingel seinen Arm mit Tier dran
der erregten Menge. Ich meine eine gewisse Angst in den Augen der vielen kleinen
marobikkabiner Jubinx zu sehen. Ich finds lustig!
Da die Füße grünes Licht geben, laufe ich weiter Richtung Süden um den
Saadiern einen Besuch abzutreten. Da es die aber seit ca. 1600 nicht mehr
gibt, bleibt mir nix anderes übrig, als mir ihre Gräber reinzuziehen. Da der
spätere Herrscher Moulay Ismail nicht mehr wollte, dass man sich an die
Kollegen von früher erinnert ließ er die Grabstädte versiegeln. Erst 1917 wurde
sie wieder entdeckt. Aber wie war das mit der Klugscheißerei... Zu meinem Unmut
haben die Toten aber gerade Mittagspause. So schleiche ich bis zum südlichsten
Punkt der Medina und umrunde den Dar El Makhzen, den Königspalast. Östlich des
Palastes fügt sich die Mellah, das alte Judenviertel, ins Stadtbild ein. Nach
sicherlich 8 zurückgelegten Kilometern mache ich mal wieder den Einkehrschwung
ins Stammlokal. Zum ersten Mal werde ich persönlich begrüßt und nach meinem
Befinden erkundigt man sich auch.
Nach einer kurzen Schonzeit im “Ichbilia“, dass ist übrigens mein Palast,
schunkel ich erneut zu den Gräbern. Eine interessante Nekropole, jedoch
wenn man den Alcazer von Sevilla oder die Alhambra in Granada schon kennt,
reißts einen nicht mehr vom Hocker. Nun gut, Gräber gibt's im Alcazar in
Sevilla nicht, aber bautechnisch gleichen sich die architektonischen
Stilelemente selbst in kleinsten Feinheiten - nur das der Alcazar im
arabischen Stil nachgebaut wurde. So Quasi Made in China, äh Spanien.
In den Souks kommt mir einer mit der bislang besten Masche an:
“Want to see Happy Hour? Only 15 min. more. Happy Hour, yeah!“ Bei dem
Händler meines Vertrauens feilsche ich um jeden lausigen Dirham bis sich
Ismail (oder so) und ich uns auf einen Preis einigen können. Zwei Colliers
mit Silber und so. Wers glaubt. Aber allein das Hin und Her - Preis rauf,
Preis runter macht schon einen arabischen Spaß.
Es ist mittlerweile dunkel geworden und ich nehme mein letztes Abendessen
ein. Mit ein wenig Wehmut zupfe ich dem Huhn besonders vorsichtig das
Fleisch von den Knochen und tunke das Brot in die Soße. Und als ich so am
Essen bin springt im Lokal schräg gegenüber eine jubelnde Menschmenge auf.
Auf meinen unzähligen Reisen in unbekannte Länder habe ich irgendwo mal
aufgeschnappt, dass die Marokkaner verrückt seien nach ihrem Fußball. Da
heute das erste Qualifikationsspiel für die WM 2006 stattfindet, kann ich
hautnah miterleben, wie sich der Marokkaner an sich freut, wenn die ihren
ein Tor erzielen. Von allen Seiten kommen Jung und Alt angerannt um die
Slow-Mo zu sehen. Bei uns gibt's dann ein Kölsch oder auch mal zwei. Hier
schmeißt einer ne Runde Tee. Der Leser darf für sich selbst entscheiden,
was er besser findet!
Und so drehe ich meine letzte Runde über den Place Djemaa El Fna, welcher
mich für vier Tage verzaubert hat. Der Autor empfiehlt einem jeden, der
Marokko wirklich kennen lernen will, einen Tag auf Agadir zu verzichten
und unbedingt hier einmal vorbeizuschauen - wenn möglich, bei Tag und
Nacht!
Morgen verlasse ich Marrakesch wieder gen Norden. Meknes soll meine
nächste Station werden. Und wer weiß, was Sidi “der Erhabene“ Jo, dann
zu berichten hat...
Sonntag, 5. September, Hotel “Regina“:
Das ist mein neuer Wohlfühlschuppen in der Königsstadt Meknes. Auch hier
gibt's keine Sterne zu vermelden - wär ja noch schöner! Dafür hab ich ein
größeres Bett (Doppelbett für Kleinwüchsige), einen Schrank (den würden bei
uns sogar die Saubermänner aus Mitleid stehen lassen) und zwei Fenster (eins
zum Gang, dass andere eröffnet mit ne Wahnsinnssicht auf ne graue Hauswand).
Anscheinend habe ich auch keine tierischen Untermieter. Aber der Oberknaller
ist der Preis. Dafür gibt's anderswo nur ein köstliches Royal TS-Menü mit
extra Ketchup!
Aber fangen wir mit dem an, was als erstes am Tag kommt, nämlich der Morgen:
Nach dem letzten Frühstück bei meinen neuen Homies vom “Toubkal“ schnappe
ich mir ein Taxi und schraddel zum Bahnhof. Dabei muss ich dem Fahrer
erklären, wie man zum Bahnhof kommt... Tschöö Marrakesch, warst ne ganz
heiße Nummer! Die ersten 50 km lohnen den Blick aus dem Fenster. Karge
Berggipfel und einsame Maultierreiter. Dazwischen endloses Nix. Jedoch
mit jedem Kilometer mit dem sich der Zug Casablanca nähert, wird die
Landschaft mediterraner. Kennt man also irgendwie. Casa (-blaca) und Rabat
lasse ich hinter mir und schwupps, nach 7 Stunden Fahrt, bin ich in
Meknes. Also setze ich mich in ein schon vollbepacktes Taxi, denn
Taxi-Sharing ist hier ganz normal. Ab gehts zur Medina. In der Nähe des
Hauptplatzes “Al Hedim“ befinden sich die dunkelsten Kaschemmen. Da jedoch
gerade irgendein Fest zu Ehren des Königs stattfindet, sind wir gezwungen
eine kleine Stadtrundfahrt einzuschieben. Die ersten Eindrücke die ich
während der letzten Sonnenstrahlen gewinnen kann, hauen mich nicht unbedingt
um. Am Place angekommen mache ich mich auf die Suche und werde bald fündig.
Hotel “Agadir“ nennt sich der Verein. Klingt nach Sand und Strand und Pina
Colada ohne Alkohol. Schön. Aber schon der verwinkelte Eingangsbereich hat
den Charme eines arabischen Gefängnisses. Der Portier lümmelt sich hinter
Maschendrahtzaun auf seiner wohlmöglich verlausten Matratze rum. Dennoch
lasse ich mir ein Zimmer zeigen. Ungelogen - 2,5 qm. Man stelle es sich wie
folgt vor: Die Tür geht auf und da ist die Matratze. Sonst ist kein Boden zu
erkennen. Das Waschbecken . immerhin! - ist so an die Wand genagelt, dass
man entweder mit den Füßen den Hahn bedienen kann, oder man sich gewaltig
den Kopf stößt sollte man hier wirklich einmal aufwachen. Positiv der Preis.
Dafür gibt's nur ein Happy-Meal! Sooo verzweifelt bin ich aber dann doch
nicht und kehre diesem Strafgefangenenkolonie den Rücken. Quasi nebenan
erblicken meine Eroberungsblinzler das Hotel Regina. Und da haus ich
jetzt!
Der Magen knurrt gewaltig nach dem Essenslosen Tag. Frohen Mutes such ich
mit einen “Toubkal-Ableger“ in Meknes. Leider muss ich erbost feststellen,
dass es hier keine Zweigstelle gibt. Finden tu ich dann einen Laden, der
mir Tajine offeriert. Schmeckt dann auch nach nix und kostet deutlich mehr
als im Süden, der so herrlich leuchtet. Morgen sich Sultan Jo ein anders
Speiseparadies! Zu den Klängen von Bryan Adams begutachte ich meine
Leserbriefe im Netz. Natürlich wird auch der alte Wächter noch kurz
befragt und dann erlischen die Lichter.
Montag, 6. September
Bei Zeiten erhebe ich mich aus meinem Durchgeschlafenen Bett. Der alte
Steinefreund möchte nämlich nach “Volibilis“, was ca. 30 km entfernt
ist. Also zu Fuß Richtung Neustadt. Aufgrund des Königsfestes gleich
Meknes einer Festung. Alle 20 m ein Soldat oder Polizist, an jedem Haus
hängen Fahnen und Bilder und an der Verbindungsstrasse zwischen Alt- und
Neustadt stehen viele lustige, verkleidete und teils musizierende Menschen
herum. Einige haben Plakate und Bilder dabei, auf denen der Prinz zu sehen
ist. Da wird doch wohl kein Blaublütiger heute in der Stadt sein, so frag
eich mich. Selbst wenn, auf den Schnösel haste eh kein Bock! So suche ich
mir das Fremdenverkehrsamt um dort Abfahrtszeiten nach Volubilis zu
erfragen. Ein wenig verdutzt schaut der nette Mann mich an und erwidert in
schwer gebrochenem Englisch: “Sag mal mein Freund, hast Du nicht gesehen,
was heute los ist? Der Prinz kommt! Da fahren doch keine Busse.“ Na toll
denke ich mir. Da haste Marrakesch einen Tag früher verlassen und nun sitze
hier in rum. So mache ich kehrt und ab geht's wieder in die Medina zum
frühstücken. Doch ist es nicht leicht hier etwas zu finden... also hol
ich mir nen riesen Crepe-Verschnitt wie in Marrakesch.
Ich umrunde die “Ville Imperiale“, der ehemalige Königspalast von Moulay
Ismail. In einem Großteil davon ist heute der königliche Golfplatz
untergebracht. Tss... Unterwegs treffe ich einen jungen Marokkaner, der man
wieder das Gespräch sucht. Anfangs habe ich nicht unbedingt Lust mit ihm
zu brabbeln, von wegen anfangs nett und später... Es ist nun mal so, dass
einem diese Gedanken erst mal durch den Kopf schießen, wenn mal wieder
jemand auf einen zukommt. Er aber meints wirklich gut und begleitet mich ein
wenig. Gemeinsam gehen wir zum Agdal-Bassein was im DuMont nach Entspannung
ausschaut und angeblich vielen Familien als Wochenendziel gilt. Nur Wasser
scheint dieses Becken seit Jahren nicht mehr gesehen zu haben. Dafür ist ein
wenig Schutt reingeschmissen worden! Bis zum riesigen ehemaligen
Getreidespeicher werde ich begleitet und unterwegs bekomme ich die letzten
News der Stadt mitgeteilt. Danke. Diese Speicher, vom Führer als sehr
sehenswert angepriesen erscheint mir nur groß - mehr aber auch nicht. In den
Vorräumen waren die Pferde des ehemaligen Machthabers untergebracht. Na toll.
So gehe ich flugs weiter, da ich mir die Ruinen der Ville Imperiale reinziehen
möchte. Am Ende der Straße erkenne ich von weitem einen Menschenauflauf.
Wahrscheinlich Touris, die anstehen. Dem jedoch ist nicht so: Der Prinz, nein
nicht Karneval, ist da! Zu erkennen gibt sich dieses als besonders scheu
geltende Individuum in Form von 20 Begleitmotorrädern und ebenso vielen Benzen.
Warum fahren die Eminenzen dieser Welt eigentlich immer in Benzen durch die
Gegend? Die Straße ist natürlich gesperrt, deshalb warte ich. Der Prinz Fan
Nr.1 fängt an Jubelgesänge auf den Chef anzustimmen und die Meute klatscht
artig mit. Verstehen tu ich so viel, dass erst Allah gelobt wird und dann der
König. Der Stellvertreter Gottes auf Erden halt. Unter dem Jubel seiner
Untertanen erscheint der Prinz dann auch. Wers genau ist, kann ich natürlich
nicht sagen... Dann huschen sie von Dannen. Den Leuten scheints gefallen zu
haben, mich hats ein wenig genervt, da ich ne ½ Stunde rumstehen musste.
Natürlich komme ich nicht in die Ville Imperiale hinein, da war ja der Chef
gerade. Also setze ich meinen Rundgang fort.
Mein Magen gibt Geräusche von sich... Tja, irgendwann musste es ja kommen -
ab nach Hause! Verdammt, da esse ich einen Crepe und dann liege ich im Bett.
So gönne ich mir ein paar Stunden mit Nickerchen und Imodium Akut! Am frühen
Abend gehe ich für wenig Mäuse Surfen und anschließend sündigen... Sehr
verehrte/r LeserIn, 3 Monate habe ich es ausgehalten ohne diese Etablissements,
doch heute tu ich's wieder - McDonalds. Eine Schande, für die ich mich in
aller Form entschuldigen will, und die Schuld meinem Magen gebe. Da will ich
nix anbrennen lassen, deshalb einen Hamburger Royal - passt ja auch ein wenig
zum heutigen königlichen Besuch!
Dienstag, 7 September. Ich hab nen Kopf, als hätte ich gestern durchgesoffen.
Auch alle sonstigen Körperteile fühlen sich an wie Wackelpudding. Um meinem
Magen was gutes zu tun, schlürfe ich ne Kanne Tee. Da ich mich danach nicht
besser fühle und total schlapp bin, gehe ich anstatt in die Souks wieder ins
Bett. Aber so ist das als Entdecker. Alle großen waren mal krank auf Reisen,
gehört wohl dazu. Ich nehme um kurz vor 18 Uhr den Zug nach Fés.
Wie es sich für Organisationstalente wie uns gehört, findet die feierliche
Wiedervereinigung - hier jedoch ohne Mauerfall - um 19 Uhr am Bahnhof von
Fés statt. Nach ner Coke und den Überzeugungskünsten Sidi Flos, nehme ich
nicht direkt den Nachtzug zurück nach Tanger, sondern bleibe.
Die Gruppe Flo, Merijn und Jaap (das Yack) hat sich schon während der Fahrt
um den Faktor zwei vergrößert. Caro, ne brasilianische Caipirinha Schnitte
und Mohamad, seines Zeichens Eingeborener. Die ham sich einen Palast am
Anfang der Medina klargemacht, aber mit Zuckersahne! Islamische Architektur
und Himmelbetten, kein Quatsch. Das dies immer gleich übertreiben müssen...
Zum Dinner begeben sich die Dame und die Herren in den nächsten Palast.
Der ist so toll, da gibt's sogar Alkohol! Den Rechnungsendbetrag (4 Essen
+ Getränke für 6 Personen) darf, kann und will ich dem neugierigen Schmöker
nicht vorenthalten: 864 DH. Dafür genoss man aber auch königliche Umgebung.
Zurück in der Unterkunft freut man sich kollektiv über dem Jo sein
Gastgeschenk, ne ¾ Pulle Whiskey. Während diese Schluck für Schluck dezimiert
wird, versucht der Abenteurer zu schlafen. Zustand verschlechtert.
Mittwoch, 8. September. Der freundliche Muizin von nebenan, dies bitte ich
wörtlich zu nehmen, weckt mich um 4.30 Uhr zum Morgengebet. Dahin gehe ich
nicht, sondern nehme mir lieber ein Taxi zum Bahnhof. Um 7 Uhr besteige ich
den Orient-Express-Verschnitt in Richtung Tanger, meiner Liebe im Norden,
die ich um 12 Uhr erreiche. Schnell ein Ticket besorgt und ab auf den Kahn.
Aufgrund der Zeitverschiebung betrete ich europäischen Boden gegen 19.30 Uhr
und der Bus bringt mich um 21 Uhr zurück in meine andalusische Bratpfanne.
Da ich meinem Volk keine Neuigkeiten über unbekannte Länder oder sagenhafte
Schätze überliefern kann und ich so ne gehörige Schelte vom König einheimsen
werde und darüber hinaus meine nächsten Expeditionen gefährdet sind, lasse
ich mich vorsichtshalber ins Krankenhaus “Virgin de la Macarana“ einliefern.
Nach 5 Stunden und 4 Ärzten beschließt man, mich dort zu behalten. Ich halte
es für Schikane, mir mein Willkommens-Trunk vorzuenthalten - dafür gibbet
en Tropf. Mmh.. Glücklicherweise bestätigt sich der lausige Verdacht einer
Blinddarmentzündung nicht und ich darf nachmittags wieder in mein Basislager
in der Calle Zaragoza.
Nachruf: Trotz des abrupten und unangenehmen Endes meiner Reise war Marokko
eine Erfahrung, die ich bestimmt nicht missen möchte. Dabei kann ich
eigentlich nur von Marrakesch berichten. Für mich ist sie einer der
erstaunlichsten Städte, welche ich je bereiste.
Ich danke für Ihre / Deine investierte Zeit und hoffe, dieser Erlebnisroman
hat Sie / Dich so geprägt, dass Du Dein Leben neu bewertest.
Zu Guter Letzt nur noch dies: In Meknes ein Crepe, das mag der Magen net!
Indiana Jo