17einhalb

Soundtrack: Dytikes Soinikies - Kalokairina taxidia
Stimmung: HELLAS, HELLAS!!



Montag: Gestern sind wir zurück nach Hause geflogen. Aber erst mal machen wir einen Zwischenstopp in Madrid. In einer feinen Jugendherberge namens “Los Amigos“, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Königspalast befindet, haben wir ausgiebig geschlafen und das Frühstück verpennt. Macht aber nix. Wir erkunden Madrid und besuchen neben tollen Plätzen und Gassen natürlich auch Juan Carlos und seine ganze Sippe im Palast. Schöner Palast, wäre auch was für uns. Aber da hätten wir zuviel mit dem Saubermachen zu tun... Flugs denken wir uns, man sollte auch dem Prado einen Besuch abstatten. Dumm nur, dass eines der weltbesten Museen Montags geschlossen hat. Mmmh. Da treffen wir uns doch lieber mit Carmen aus Ecuador, die Flo letzte Nacht angequatscht hat. Ehe wir uns versehen, ist der Tag auch schon wieder vorbei, und wir machen uns zum Busbahnhof auf. Da wir den Bus knapp verpassen (war ja klar) warten wir eben ein wenig auf den nächsten. Und einer der zwei trinkt solange die Vorräte weg, die eigentlich für die Reise gedacht waren. Um 22h geht's dann gen Süden. Uns ist hier auch ein bisschen kalt...

... und so kommen wir um 5h in der Früh in unserer Heimatstadt an. Es ist nicht zum aushalten. Das Thermometer eröffnet uns die knallharte Realität: 31° Grad. Schön frisch hier... Zum Glück sind wir jedoch so fertig, dass wir ein wenig pennen können. Der Tag an sich gibt nicht viel her. Jos erste Amtshandlung gilt unserem Baby. Und - was glaubt Ihr? Nein, falsch! Gar nix! Immer noch da, alle Scheiben noch drin und nen Strafzettel ham wir auch nicht. An dieser Stalle ein besonderer Dank an alle Sevillanischen-Autoaufbrecher-Cabrones und die Jungs von der Grua.

Auf den Dienstag folgt der Mittwoch Der Ältestenrat des Hauses tritt zusammen. Er besteht aus Don Estein und Juanito de Jungwirth. Der Rat beschließt folgendes: Wer Eiswürfel des Kühlschranks entwende und nicht Sorge dafür trage, dass neues Gefrierwasser nachgefüllt werde, dem drohe dies: Schande und Qual durch Nase umdrehen. So möge es sein. Der alte Wächter ist von uns gegangen. Abends gibt's Fuppes. Halbfinale erster Teil. Portugal - Holland. Jo genießt den Sieg der besseren und schönern Mannschaft ohne Kaas in ner billigen Bar mit Roman und Alberto. Die Versuche unsere hollänische Meerjungfrau Merijn danach zu kontaktieren schlagen fehl. He, he... Am nächsten Tag werden wir einen Strauß orangeroter Tulpen an sein Krankenbett schicken. Flo bedient indes nur halb gehirnangestrahlte Amibräute im Madigans.

Donnerstag: Auch der heutige Tag steht ganz im Zeichen König Fußballs. Halbfinale zweiter Teil. Tschechien - Griechenland. Im Tex Mex ist Jo wieder mal der einzige, der zu den Göttern hält. Nach dem Silvergoal titscht er durch die Bar wie ein von einer Wespe gestochener Flummi. Alles ist ruhig, Jo grölt. Da sich partout kein einziger Anhänger der Griechen finden lässt, beschließt er, Sevilla alleine aufzumischen. Lustig wie der ist, tanzt er mitten aufm Paseo Cristobal Colon und der Avenida de la Constitution eine Mischung aus Sirtaki und Sevillana. Mindestens 2 Stunden alleine! Einige erstaunte Einheimische spielen wohl mit dem Gedanken die Jungs mit den weißen Kitteln zu rufen. Anmerkung Flo: Hat der denn noch alle Souvlaki am Spieß? Anmerkung Jo: Geil!

Freitag kommen Flos legendenumschwärmter Trittbrett-Bruder und sein muskelbepackter Psychokollega Dirk zu Besuch. Die ersten Stunden werden mit Entspannungsübungen auf unserem Dach verbracht. Am Flussufer präsentiert vor unseren interessierten Augen ein Alpen-Profischmaucher seine Inhalationsgeräte. Von der gerade passierenden Polizeistaffel erntet er nur gütige und wohlwollende Gleichgültigkeit. Abends trifft man sich in ner Palmenabsteige am Guadalquivir mit unseren teilweise brustbehaarten Ibero-Freunden.

Samstag: Nach anstrengender Nacht finden wir uns auch heute wieder auf unserer Terrasse ein, um das Leben zu leben. Auch gehts mal wieder in den Carrefour, Dosen kaufen. Futter und Bier. Abendliche Aktivitäten sind nur begrenzt möglich, denn..

Sonntag: Es gibt Dinge, die passieren nur maximal einmal im Leben eines Staates. Zumal wenn dieses Land Griechenland heißt und im Finale einer Europameisterschaft steht. Was also machen? Genau: Hin fahren! Jo, Tobias und Dirk brechen um 4h gen Lissabon auf. Also gerade dann, als Flo von seiner Bar zurückkommt. Der Campingplatz, den wir schon 2 Wochen früher besuchten, ähnelt nun der sibirischen Taiga oder asiatischen Tundra. Dort, wo noch vor wenigen Tagen weiße Engländer ihre Fahnen schwenkten und orangefarbene Goudas über die Wege rollten, finden sich nun nur ein paar “waschechte“ Camper ohne Foppes im Kopf. Macht uns nix. Wir ziehen in die Innenstadt. Dort erleben wir die nächste Überraschung. Man sollte meinen, wenn das Gastgeberland im Finale steht, fallen die gegnerischen Fans in dem Meer von portugiesischen Fahnen gar nicht auf. Pusteblume. Das Zentrum gleicht einem blau-weißen Freudenhaus. Es hat den Anschein, als wären alle Griechen der Welt auf einmal in Lissabon. Erst im Laufe des Tages kriechen die Portugiesen aus ihren Höhlen und machen sich bemerkbar. Es steigt die größte und friedlichste Endspiel-Party - Vol. 1. Tickets werden in Platin aufgewogen und für 1000 € aufm Grünrotmarkt verschachert. Verrückt sind wir zwar, aber nicht bescheuert. Also suchen wir ne Großleinwand. Dummerweise haben diese Idee aber auch ca. 5 Millionen andere. Großleinwand eins ist ratzvoll, da geht gar nix. Also zur zweiten. Die ist jedoch nicht ganz so groß wie angepriesen. Egal, wir erhaschen Blicke auf die “Leinwand“. Während des Spiels ist es erstaunlich ruhig. Nur die 15 Griechen unter 4000 Portugiesen feiern als gebe es keinen Morgen. Als der Titan Charisteas die Pille reindrischt, so wie sonst nur Zeus seine Blitze schleudert, gibt's auch für die als Pseudo-Griechen verkleideten Halbsevillaner kein Halten mehr. Wir haben uns längst unter die “anderen“ Griechen gemischt und stellen fest, dass die alle aus Deutschland sind. Die haben wohl auch erkannt, dass das nicht mehr allzu oft passieren wird! Nach dem Schlusspfiff ist die Freude größer als nach der gewonnen Schlacht gegen die Perser bei Salamis 480 v. Chr. Alexis aus Bielefeld steht nur da und hat die Augen weit aufgeschlagen, fasst sich an den Kopf und sagt nix. Er hats wohl noch nicht verstanden... Auf Richtung Zentrum. Das, was in Deutschland wohl nicht denkbar währe, geschieht hier. Die Verlierer feiern so, als wenn die Spanier von der Iberischen Halbinsel verschwinden würden. Innerhalb von wenigen Minuten geht auf den Straßen nix mehr. Portugiesen liegen sich mit Griechen in den Armen, singen und tanzen. Viele kommen auf uns zu und geben uns die Hand, wollen uns gratulieren. Man stelle sich ein Finale Deutschland - England vor, da hätts nach einem deutschen Sieg von den Engländern auch persönliche Glückwunsche gegeben - mit den Fäusten! Da kann so manche “Große Fußballnation“ noch was lernen.... Die Berichterstattung einiger Journalisten kann hier keiner nachvollziehen: “Ganz Portugal weint!“ Wat ein Quatsch. Endspiel Party Vol. 2. Die Nacht wird noch lang. Das Einzige was fehlt sind der andächtige Ouzo und ne prächtige Pita. REHAKLES KÖNIG VON EUROPA!