16 Mannschaften sind eine Europameisterschaft!
Soundtrack: Ein Rudi Völler
Stimmung: Eurocopa
Der Eurocup wirft seinen runden Fußballschatten voraus. Deshalb nur
eine kurze Zusammenfassung der Tage vor diesem großen Ereignis.
Am Montag treffen wir den frisch abgewählten Ex-Presidente von
Espana José Maria Aznar im Einkaufszentrum Corte Ingles. Dort signiert der
alte Haudegen seine gerade aufgelegte Autobiografie “Ich war der
tollste, ihr seid alle blöd“. Wir mischen uns natürlich
unter die Reihen der Irakkriegs-Gegner, die vor dem Eingang eine lustige
Protestaktion durchführen.
Die Nacht von Dienstag auf Mittwoch verbringt man mit politischen
Diskussionen und bayrischem Getränk am Ufer des Guadalquivir.
Am Mittwoch hat unser Hausbelge Francois seine letzte
Juraprüfung. Das ist natürlich ein Grund zum Feiern. Als Flo zu
später Stunde zu dem angeheiterten Grüppchen stößt,
ist ein italienischer Mitstreiter aufgrund seiner eskalierenden
Umstände schon mitten auf der Straße verloren gegangen.
Wir gehen gleich zum Freitag über. Hier ein Wort an alle
sevillanischen Autoaufbrecher: Wir sind ja für jeden Spaß
zu haben, aber LANGSAM IST DAS NICHT MEHR LUSTIG! Könnt ihr euch
für euer Hobby nicht mal ein paar Luxuslimousinen aussuchen statt
immer unser armes Baby?! Jo möchte im Innenraum des Busses einen
Schaden des letzten, gerade zwei Wochen zurückliegenden Aufbruchs
reparieren. Da stellt er fest, dass nun die andere Scheibe eingeschlagen
worden ist. Diesmal hat der dafür verantwortliche Cabron aber nicht
nur den Innenraum durchwühlt. Er hat auch noch die einzigen im Auto
verbliebenen Wertgegenstände mitgenommen: Unsern Werkzeugkoffer und
Manuels Großraumzelt. Was er damit anfangen möchte bleibt uns
schleierhaft. Also wieder mal die alte Prozedur: ADAC anrufen, zu den
Bullen, zu unsern Homies von Carglass. Da die uns mittlerweile kennen,
kriegen wir ne Plastik-Scheibe zum Freundschaftspreis. Abends checken wir
ne Cervezeria in der Nachbarschaft aus, uns was für eine: Exotische
Hopfenspezialitäten aus der ganzen weiten Welt winken uns freundlich
zu. Genau die richtige Vorbereitung für die kommende
Fußballwoche! Anschließend geht's mit der Italia-Connection
durch die Straßen. Zufällige Passanten werden mit sinnvollen
Fragen und Gemütsäußerungen aus dem Konzept gebracht.
Samstag
Da wir am morgigen Sonntag nach Portugal zur Europa-WM fahren, muss noch
Einiges vorbereitet werden: Im Einkaufszentrum Carrefour decken wir uns
mit Dosenfutter und Büchsengetränken ein. Der Bus wird
(zum ersten Mal) gewaschen und erhält neue Schriftzüge mit
einheizenden Fußball-Kampfsprüchen. Griechenland schlägt
Portugal 2:1 !
Nachts kriegt Flo im Irish Pub Besuch von einem total verzweifelten deutschen
Pärchen: Ein Scooter-Fahrer hat den beiden kurz zuvor ihre Handtasche
mit sämtlichen Papieren und den Rückflugtickets abgezogen. Da uns
die lokale Polizeibehörde ja mittlerweile ans Herz gewachsen ist, geht's
zusammen zu den Bullen. Wie wir später erfahren, hat das wirklich was
gebracht und die beiden können am nächsten Tag doch noch
zurückfliegen.
Bis die rosenfingrige Eros am Firmament erscheint, festigt Flo noch ein wenig
die brasilianisch-italienisch-deutsche Achse mit Copacabana-Renato und
Mozarella-Elisa. Jo lädt derweil seine Batterien für die kommende
Woche auf. Er wird sie brauchen.
Sonntag Jetzt geht's los, zusammen mit unserm Lüttich-Lümmel
fahren wir zum Eurocopa! Unter den Klängen von musikalischen
Meilensteinen á la “Ich hab drei Haare auf der Brust, ich bin ein
Bär!“ führt der erste Trip nach Lissabon. Schon auf der
Autobahn zeigen wir Flagge und machen Stimmung. Als wir mit Hupen und Haladrio
die portugiesiche Grenze passieren, werden wir von der Wachmannschaft
freundlich in Empfang genommen. Um die Grenzer zu unterhalten, drehen wir
die Musik etwas lauter und schießen Erinnerungsbilder.
Da heute Abend England gegen Frankreich antritt, begrüßt uns auf
dem Campingplatz in Lisboa eine überwältigende Crowd englischer
Randale-Fans. Wir kommen gerade rechtzeitig zum 2:1 für Frankreich. Um
nicht gelyncht zu werden, versuchen wir krampfhaft unsere schalkhafte
Schadenfreude zu unterdrücken.
Am Montag besichtigen wir Lissabon. Mit dabei ist auch ein zweiter
Belge, den Francois in der Nacht zuvor aufgegabelt hat. Der ist so krass,
dass der Tickets für ungefähr 150 verschiedene EM-Spiele hat! Nur
reden tut er nicht viel. Nach Besichtigung von Burg, Altstadt und typisch
portugiesischen Schweden-Fans haben wir Hunger. Wir verirren uns in ein
Restaurant mit den wahrscheinlich unterbelichtetsten Kellner Portugals. Aber
in der Tat, sich zwei verschiedene EM-Spiele mit vier verschiedenen
Mannschaften und zwei verschiedenen Uhrzeiten zu merken, ist wirklich ganz
schön schwer. Da sollte man besser 6 mal nachfragen und es dann immer
noch nicht richtig auf die Tafel schreiben...
Nach kurzem Zwischenstopp inner fetten Kathedrale sind die Schweden am Start.
Eine Stunde vor Spielbeginn labert uns in einer Bar eine hübsche
Norwegerin an. Dass wir dauernd von irgendwelchen Frauen auf der Straße
angebaggert werden, sind wir ja gewohnt. Aber die ist was ganz Besonderes:
Die hat nämlich Karten für das Spiel für uns! Für
unglaubliche ZWANZIG Euro! (Originalpreis 55!) Also denken sich Jo und
Francois: Nix wie hin! Die Schweden gehen ab wie skandinavische Zäpfchen
und ballern die Bulgaren in Grund und Boden. Abends sitzen wir in
gemütlicher Runde, abseits von den Depris schiebenden Insel-Affen, mit
ein paar deutschen Schlachtenbummlern bei uns am Bus und zitieren aus
Goethes “Faust“. Da John (Belge Nr. 2) auch Tickets für das
morgige Spiel Tschechien - Lettland hat, packen wir ihn ein....
... fahren Dienstag Mittag nach Aveiro. Wir schlendern durch das
Venedig Portugals und treffen erstaunlich viele Tschechen und Letten. Da
erblickt Jo das schöne Wesen aus Norwegen, welches uns am gestrigen
Tag mit Tickets beglückte. Man kommt ins Gespräch und es stellt
sich heraus, dass Vicky für ALLE Spiele und alle Kategorien Karten
hat! (Nur nicht für Deutschland - HollandL) Für etwaige
Eventualitäten gibt sie uns noch schnell ihre Nummer - man wird sich
wieder sehen! Wir fahren schon früh zum Stadion um einen
günstigen Parkplatz zu ergattern. Aber Denkste! Da haben die
Organisatoren ganze Arbeit geleistet und einfach vergessen, dass man,
wenn man ein Stadion baut, auch an Parkmöglichkeiten denken sollte!
Das Spiel hat bereits begonnen, als wir im Stadion ankommen, Tausende
sind noch im Stau. Tschechien schlägt in der letzen Minute Lettland
durch ein feines Tor 2:1. Dieses sehen wir aber nicht mehr, da wir Hals
über Kopf das Stadion 10 Minuten vor Ende verlassen. Wir müssen
schließlich ab nach Porto, wo Holland-Deutschland angesagt ist.
Nach einem nervenzerflatternden Roadtrip kommen wir gerade noch rechtzeitig
zum Anpfiff. Mitten in der Innenstadt von Porto gibt's ne Großleinwand
wo wir uns das Spiel reinziehen. Nach Frings seinem schönsten Dings
brechen die Dämme und auch die Stimmbänder eines fanatischem
sevillanischen Deutschland-Fans. Nach dem doofen Käsetor ist die
Stimmung zwar etwas gedämpft, tut aber dem Frieden aufm Campingplatz
ganz gut. Vorher gibt's trotzdem noch ein Interview mit dem ZDF und ne
Jubelfahrt durch Porto. Aufm Campismo hausen nämlich neben 5 Schweden,
7 Griechen und 15 Spaniern auch 2000 Deutsche und 2000 orange Käsies.
Wat en Tag!
Mittwoch John der Belge verlässt uns gen Lisboa. Er hat
schließlich noch einige Partien vor sich. Porto ist wirklich eine
Reise wert! Eine ganz schön alte Altstadt und der berühmte
Portwein sind eine feine Mischung. Leider vergessen wir das Schmuddelzeugs
zu probieren. Auf dem höchsten Kirchturm Portugals hissen wir kurz
unsere Fahnen. Auf dem Weg zum Mittagessen feiern wir mit wenigen Griechen
und vielen Spaniern eine Fiesta de Futbol. Dann gibt's wieder ein kurzes
Interview, diesmal mit Sat1. Hat das einer gesehen? Wahrscheinlich ist Jo
in Deutschland nun bekannter als der bunteste Rauhaardackel. (Anm.: obwohl
er das ja vorher schon war)
Wie klein die Welt doch ist: Jo wird von seinem alten Kumpel Christian,
dem besten Fischer Norwegens, in Porto entdeckt. Der haust mit seinen
Jungs auf dem gleichen Campingplatz! Wir finden das wohl günstigste
Restaurant der Stadt. Zwei Teller Fleisch a la Portugesch mit Fritten und
ne Cola für 4 Euro! (kein Witz!) Aber weswegen sind wir hier? Genau,
da steht ja noch Spanien - Griechenland aufm Programm. Und wir haben ja
unsere Kontaktperson. Nach langem Hin und Her treffen wir uns doch noch
aufm Parkplatz nahe des Stadions hinter Büschen. So ganz legal ist
das wohl nicht, was die da so treibt... Wir kommen uns vor wie eine
Mischung aus Spacecakebäcker und Schieberbande, ist aber Latte. Wir
machen den Deal und bekommen 3 Kategorie 1-Karten für 100 Euro.
(Normalpreis 300!) Im Stadion treffen wir uns “zufällig“
wieder und machen Erinnerungsbilder. Ob es ein Abschied für immer ist,
bleibt zunächst ungewiss: Sie hat Tickets bis zum Finale... Otto
Rehakles wird wahrscheinlich überlebensgroß in Gold gegossen und
als Ersatz für die Akropolis aufgestellt. Solche alten Steine hat
Griechenland nach dem 1:1 gegen Spanien jedenfalls nicht mehr nötig!
Schnell fahren wir wieder in die Innenstadt, Portugal - Russland schauen.
Super Portugiesensttimmung! Nach dem Spiel geben wir keine Interviews mehr.
Die Nacht verbringt man mit anderen gut gelaunten Teutonen aufm Campismo.
Donnerstag: Alle Reserven sind aufgebraucht. Geld sowie Bier. Also
fahren wir südwärts, jedoch nicht über die Autobahn um Geld
zu sparen. Das dauert natürlich etwas länger. Nach 8stündiger
Fahrt erreichen wir eine Playa de puta madre in der Nähe von Sines,
südlich von Lischboa. Für Campischmo is keine Kohle mehr da, also
schlagen wir unser sportliches Zigeunerlager am Strand auf. Jos klägliche
Versuche das Abendessen abwechslungsreicher zu gestalten und mal Fisch auf
den Speiseplan zu bringen scheitern natürlich! Vielleicht liegts daran,
dass die portugiesischen Fische etwas schlauer sind und sich nicht so leicht
durch neongelbe Quallenköder veralbern lassen.
Am Freitag springen wir schon früh Morgens in die Fluten des
Atlantik. Wir haben einen Heidenspaß mit Himalajawellen, die uns durchs
Wasser wirbeln. Mit einem etwas in die Jahre gekommenen Baywatch-Verschnitt
spielen wir Katz und Maus. Im Vergleich zu Sevilla weht am Strand ein frisches
Lüftchen, und so freuen wir uns schon auf die Rückkehr in unsere
andalusische Bratpfanne.
Am Samstag
drücken wir nach einer entspannten Nacht inklusive Schlaf wieder mal die
Daumen fürs deutsche Team. Nach dem Unentschieden gegen Lettland rettet
die Niederlage eines Käseteams in orange gegen Tschechien letztendlich
die Stimmung.
Und so sind wir wieder bei Sonntag Nach dieser Höllenwoche
schieben wir ne ruhige Kugel und unsere Astralbodys in den Dachpool.
P.S.: Donde esta Salvatore?
P.P.S.: Francois: Ich bin Hans, ich bin heiß, ich hab nen großen
Fuß!
P.P.P.S.: Jo@ alle: Ich werde irgendwann mal einen Fisch fangen. Ich
schwörs!