Die wilde 13

Soundtrack: Sevilla hasta la muerte, hasta la muerte, Sevilla hasta la muerte!
Stimmung: himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt



Lunes: Nach dem anstrengenden Strandwochenende ist wieder geistige Radioaktivität gefordert. Während wir in der Uni unsere Synapsen knacken lassen, wird Kümpel zum Supermarkt-Einkäufer umfunktioniert. In dessen Warenkorb landen wie gewöhnlich wieder Fische und andere seltsame Insekten aus aller Herren Länder. Anschließend geht's zum Fußball mit der Equipe internacional, aber diesmal richtig: Bis zum Sonnenuntergang liefert sich unser zusammengewürfeltes Studententeam ein heißes Gefecht mit einem Haufen einheimischer Möchtegern - Maradonas.

Martes: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Das hat sich wohl auch unser Prof gedacht und bestellt uns für 7:30 Uhr zur Estacion Santa Justa (Hauptbahnhof). Auf gehts nach Cordoba, alte Steine anschauen. Dort, wo man als Tourist vorbeiläuft, bestaunen wir das, was uns Römer, Araber und andere alte Spanier hinterlassen haben. Als wir abends zurückkommen, staunen wir auch nicht schlecht. Der Kümpel nämlich hat nicht nur den ganzen Tag rumgammelnd unsere Bude verwaltet, sondern auch noch ne Chaos-Paella á la Meeresinsekten zubereitet. Diese serviert er dem amerikanisch-spanischen Randalepärchen, das zwei Stockwerke über uns wohnt. Da haben sich wohl drei gefunden! Später am Abend wird wieder mal der Abschied eines guten Freundes gefeiert, der diesmal Olivier heißt und aus Genf kommt. Bis bald, wir sehen uns auf der Rückreise!

Miercoles: Nach ein paar sonnigen Stunden am sevillanischen Flussstrand geht's in die Türkei, genauer gesagt nach Troya. Das läuft in einem riesigen Kino-Komplex erster Sahne im angrenzenden Stadtviertel. Die Meinungen über dieses kolossale Hollywood-Werk sind geteilt. Nach einer nervenaufreibenden Fahrt durchs nächtliche Sevilla mit Autos, Motorrädern und spanischen Fahrern trifft man sich nahe unserer Wohnung am belebten Platz Alfalfa.

Jueves: Jo bringt den Kümpel in aller Herrgottsfrühe zum Flughafen nach Jerez, selbstverständlich de la Frontera. Unser liebenswürdiger und stets um das Wohl und den Ruf seiner Gastgeber besorgter Besucher verlässt uns. Jetzt ist erst mal einen Tag lang Wohnung Aufräumen angesagt.

Viernes: Tagsüber nix. Der Einladung Maria Gracias folgen wir gerne und besuchen samt unseren spanischen Homies das Teatro Alameda. Dort wird ein Stück von Woody Allen von Kollegas unserer Uni neu aufgelegt. Die Bude ist restlos ausverkauft. Oft lacht der Saal - dann lachen wir natürlich mit! (auch wenn sich manche Scherze komplizierteren Inhalts aufgrund der Sprachbarriere unserem Verständnis entziehen) Nach der Vorstellung erhält Jo einen Begrüßungskuss einer der Hauptdarstellerinnen. Daraufhin beschließt er, sich nie wieder zu Duschen. Zu späterer Stunde geht's mit 10 Spaniern im Gepäck in die angesagte Jet-Set Disco “Antique“. Da wir da nicht so richtig dazu gehören, lässt uns der Gorilla auch nicht in sein Gehege. Zum Glück ist der nächste Nobelschuppen inklusive Palmenschmuck nicht weit!

Sabado: Für einen Samstag findet sich an dieser Stelle nix erwähnenswertes... Abends trifft man sich wieder am Alfalfa. Jo knickt früh, Flo etwas später.

Domingo: Jetzt wird's heiß: Da es heute Abend zum entscheidenden letzten Spieltag der Spanischen Liga (Sevilla F.C. - Osasuna) geht, machen sich unser Obermieter Francois und Rey Jo de Burgaria stilvoll auf der Dachterasse mit deutschen und belgischen Stimmungsknallern heiß. Flo bringt sich derzeit durch Inlineskaten in Fahrt. Damit es jeder versteht: Sollte Sevilla heute Abend gewinnen, dann würde UNSER Team zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte am UEFA-Cup teilnehmen. Wegen nicht verbesserlichen Prozessionsfreaks fahren wieder mal keine Busse. Deshalb müssen wir ein Taxi ins Stadion nehmen. Im Taxi schließen wir schnell Freundschaft mit dem sympathischen Fahrer, der uns durch seine profunde Kenntnis sevillanischer Late-Night-Unterhaltung verblüfft: “Ah, Helicopterman…!“ Wir haben die besten Plätze im restlos ausverkauften 60.000 Zuschauer fassenden Stadion des S.F.C. 1. Reihe, genau in der Mitte des Spielfeldes. Das Spiel ist an Härte nicht zu übertreffen: 3 Mal Rudelbildung mit Austausch dazu passender Nettigkeiten, Armhieben und Fußtritten! In der Folge gibt es 4 rote Karten! Als der Publikumsliebling “Batigooooooool“ Baptista in der 55. Min. das 1:0 erzielt wird das Stadion zum überschwappenden Hexenkessel. Nach dem Schlusspfiff brechen alle Dämme. Da helfen auch klägliche Einschüchterungsversuche des Sicherheitspersonals nix: Es geht rauf aufs Feld! (@ ADDI: Junge, es tut mit leid, dass DU da nicht dabei warst....) Tausende rennen wie von der Hornisse in die Pobacke gestochen auf die Wiese in Richtung Spieler, Trainer, Tore. Jo ist unter den Ersten. Etwas vom “Heiligen Rasen“ muss auch noch mitgenommen werden, denn andere Trophäen haben die Heuschreckenhorden nicht übrig gelassen. Flugs geht's wieder auf die Ränge zurück, als die wenig zimperlichen Jungs mit den Knüppeln ankommen (siehe: 10 kleine Rebujitos). Zum Einsatz kommen diese glücklicherweise nicht, da auch bei den Toros die Freude überwiegt. Mit Manuel, der uns mit dem Sevilla F.C. Virus infizierte, geht's schnell noch in ne Bar, um wenig später mit Tausenden grölenden und hupenden Fans zur Puerta de Jerez weiter zu marschieren. An diesem Kreisverkehr erwarten uns ca. 20.000 fröhliche Fans, die die Hymnen des Sevilla F.C. intonieren. Das ganze Team vom Sevilla F.C. lässt sich von der Menge feiern und gönnt sich ein Bad im Springbrunnen in der Mitte des Platzes. Batigoooooool persönlich bindet der obersten Figur des Brunnens eine Europafahne um. “Los Jungs, lasst uns das Auto holen. Wir drehen noch ne Runde durch die Nacht!“ Flos genialer Einfall findet schnell Gehör. Doch...
...der Bully steht nicht mehr da, wo er eigentlich sein sollte!

Wie es nun weitergeht erfahrt Ihr im nächsten Wochenbericht der beiden Sevillaner.

PS: Esta noche muere Don Manuel!