10 kleine Rebujitos

Soundtrack: Manolo Escobar, La minifalda
Stimmung: die ganze Woche Party, am Ende etwas traurig...

... weil sich unsere alte Familie aus der Calle Salado aufgelöst hat.



Montag: Feria! Endlich geht der Karneval und gleichermaßen das Oktoberfest Sevillas los. Die ganze Stadt steht wieder mal Kopf. Nix geht mehr, nix Uni, Geschäfte den halben Tag lang zu. Dafür Pferdekutschen mit lustigen Klingelglöckchen in allen Straßen. (Das ist ein Brauch, die Pferde spielen während der Feria hier eine große Rolle). Schon weit vor dem eigentlichen Start um 23.59h zieht es eine Gruppe Sprachschüler samt Lehrpersonal auf das Gelände, welches sich gut und gerne mit der Münchener Theresienwiese messen kann. Anstatt der riesigen Festzelte des Oktoberfestes gibt's hier kleine, größtenteils private Zelte. Dafür sind es 1040 insgesamt! Die einheimischen Mädels laufen alle in heißen Sevillanas-Trachten rum, die Männer geben sich mim Anzug zufrieden. Es ist immer noch heiß, die 30° Grad stehen - Zeit für DAS eisgekühlte Getränk der Feria: Rebujito. Es setzt sich aus 1/3 Sherry und 2/3 Sprite zusammen. Klingt komisch, is aber so. Schmeckt hervorragend und ist bei der Hitze besonders gefährlich.
Nach einer kurzen Siesta geht's dann abends weiter bis in die frühen Morgenstunden. Ein Auftakt nach Maß. Besonders wenn man berücksichtigt, dass wir das Tanzbein schon sehr graziös schwingen!

Dienstag: Eigentlich ist der Tag schnell erzählt - gegen 15h stehen die beiden Spanier auf und am frühen Abend geht's mit diversen Freunden wieder zum Spektakel. Bis in die frühen Morgenstunden.

Mittwoch: Wir werden zweimal aus dem Hinterhalt attackiert: Plötzlich kriechen aus dem Heißwasserzulauf unseres Bades Hunderte kleiner Biester mit Flügeln und okkupieren Kloschüssel, Waschbecken und alles dazwischen auch. Was die eigentlich wollen, bleibt schleierhaft. Wir jedoch lassen uns von den Schlingeln nicht einschüchtern und schlagen die Verräter mit Flammenwerfern in die Flucht. Damit hat sich's, denken wir. Aber denkste. Wir haben eine Schlacht gewonnen. Aber der Krieg ist noch lange nicht zu Ende. Denn als wir es am wenigsten erwarten schlägt der Nachschub der Schlingel, der mittlerweile aus den Eiern gekrochen ist, mit unerwarteter Härte zurück. Mit totbringenden Chemikalien rotten wir die Schlingel endgültig aus. Sie haben sich bis heute nicht von diesem Schlag erholt und sind nie wieder zurückgekehrt. Da heute unsere gute Freundin Maria-Gracia Geburtstag hat, müssen wir ein wenig kreativ sein. Eine in ihrer Schönheit mit nix zu vergleichenden Collage steht jetzt auf ihrem Nachttisch. Darauf zu sehen: Das Tanzbein schwingende Möchtegern-Spanier der alten Calle Salado-WG aus Alemania bzw. Kanada. So verbringen wir die Nacht in verdammt heiterer Runde: “Ach Maria, ich hab da noch ne Flasche Manzanilla (Sherry) für Dich! Ach, lass uns die doch gleich mal aufmachen.“ Noch bevor die ersten Sonnenstrahlen uns den neuen Tag verkünden liegen die meisten aber im Bett. Erschreckend.

Donnerstag: Heute kommt wieder mal Leben in die Bude. In Form von gleich zwei Besuchern. Und das kommt so: Dem Jo sein Vater, dessen Kumpel einer uns bekannten Band, dessen Bruder hat nen Sohn und der ist grad in Granada bei seiner Freundin. Und da es da keine tolle Feria gibt, sind die nun bei uns. Denen erscheint das lustige Rumgehopse unserseits ein wenig “interessant“. Bis wir ihnen sagen, dass die das gleich auch machen müssen! So wechseln wir die Seite und avancieren vom Tanzschüler zum Lehrer. Gekonnt wenden sie, und wir natürlich auch, das Erlernte in den Zelten der PSOE (Partei Zapateros) und anderen öffentlichen Schuppen an.

Freitag: Heute geht's.... ätsch - nicht zur Feria! Viel besser. Unser guter Tim aus Kanada und unsere liebe Hongkong Sherry Shirley geben ihren Ausstand. Das ist einerseits traurig. Andererseits aber auch wieder lustig. Denn bei uns aufm Dach gibt's die dazu passende Fiesta. Eine krasse China - Japan - Combo bereitet dafür köstliche Sushis zu. Tonnenweise. Dazu entfachen wir ne Höllenglut aufm Grill und schmeißen Fleisch in allen Variationen drauf. Tonnenweise. Warum? Habt ihr schon mal 50 hungrige Münder gestopft, die aus allen Teilen der Welt kommen ausgenommen Australien und Südafrika? Eine Mischung aus wirklich internationalem Publikum. Da is(s)t ein jeder verschieden. Durch unsere professionelle Licht + Tontechnik verwandeln wir ein erneutes Mal das Dach in DIE Szene- Location. Anstatt auf die Feria, geht's dann anschließend mit ein paar Hartgesottenen nach Berlin, in die Bar.

Samstag: Nachmittags machen sich unsere beiden Besucher auf den Heimweg. Wir hoffen sie hatten viel Spaß! Jo trifft sich mit netten Texanerinnen. Die sind so heiß, dass die sich sogar eigene Sevillanas-Kleider gekauft haben. Tanzen können se leider nicht! Aber es soll ja auch andere Texaner geben, die viel Geld ausgeben, nix können und es trotzdem zu was gebracht haben... Zu später Stunde finden sich dann wieder so 15 Partypeople in diversen Zelten ein. Leider gibt's immer wieder Hirnies, die das mit dem Trinken und Feiern nicht verstehen. Weil sich da jemand in der Schlange zur Toilette anscheinend vorgedrängelt hat, fliegen die Fäuste. Die verlagern das Gehaue aber schell nach draußen. Gefolgt von sämtlichen Kollegen beider Parteien. Und dann? Auf einmal kommen die wieder rein! Jetzt fliegen keine Fäuste mehr. Dafür Flaschen, Stühle und Tische. Dann bricht so was wie ne Massenpanik aus. Haben wir noch nicht erlebt. Alles drückt gegen den winzigen Ausgang. Menschen fallen zu Boden, unbeteiligte kriegen Flaschen an die Birne. Noch bevor es alle unsere Freunde rausgeschafft haben, fahren Polizeiwagen vor. Die Jungs gehen mit ihren Schlagstöcken nicht zimperlich um... Zum Glück finden sich nach einigen Minuten des Suchens alle unsere Freunde unverletzt vorm Zelt wieder. Auf Zelte haben wir danach keinen Bock mehr. Wir gehen aufn Rummel. Grenzt direkt an die Zeltstadt und ist auch riesig. Autoscooter, Geisterbahn (wenn auch nur mit Möchtegern-Geistern) und unglaubliche Schleudermaschinen machen doch immer wieder Spass. Shirley verabschiedet sich von uns in aller Herrgottsfrühe. Sie geht nach Salamanca um Hoch-Spanisch zu lernen. Viel Spaß und Glück! Wat en Tag.

Sonntag: Es schüttet wie aus Eimern. Danke. Vielleicht hätten wir es uns ja noch mal mit einem allerletzten Tag Feria überlegt. Das fällt nun sprichwörtlich ins Wasser. Abends trifft man sich in Sprachschulkollega Manuel´s Bude, damit sich auch Tim von den meisten verabschieden kann. Ihn ziehts, nach ein paar Umwegen, nach Barcelona. Wir bestaunen in strömendem Regen das Abschlussfeuerwerk der Feria. Ein Glück - sie ist vorbei!


P.S.: Arriba - abajo - al centro - un momento - al dentro!
P.P.S.: No me gusta que los torros pongan la minifalda!