Semana Sieben

Soundtrack: immer noch die Nazarener
Stimmung: gar nicht feierlich - Semana Santa und kein Ende...
Bewegungsfreiheit in der Stadt: Wie in der DDR, nämlich gar nicht


Unsere Bude erscheint ab dieser Woche im Nacht-Guide der Stadt als DER Schuppen !


Montag:
Eine Seefahrt die ist lustig, eine Seefahrt ist schön - denken wir uns und chartern ein fesches Tretboot auf dem Guadalquivir. Zu fünft stechen wir in See und erleben den alltäglichen Prozessionswahnsinn vom Wasser aus. Durch Wasserverschmutzung scheinen hier einige Fische nen Sprung in der Schüssel zu haben. Da gibt's doch wirklich welche, die nix besseres zu tun haben, als in die Tretboote normaler Leute zu springen. Unter dem Gekreische einiger (weiblicher) Mitpaddler springt Jo selbstlos als Baywatchnixe ein und rettet dem Fisch durch Mund-zu-Mund-Beatmung das Leben.
Auf dem Rückweg machen wir eine scheußliche Entdeckung (wir bitten, den an dieser Stelle folgenden Kraftausdruck zu verzeihen): Ein verdammter Hurensohn hat ein Licht unseres Büschens eingetreten und den Spiegel ramponiert! Da es wieder verdammt heiß ist, klingt der Abend mit einem netten Beisammensein auf unserem Dach aus. Mit Einweg-Grill und allem, was da so dazu gehört!

Dienstag:
Sevilla war berühmt für seine Maler. Im Museo de las Bellas Artes beeindrucken uns die berühmtesten Werke von Velazquez, Murillo und Konsorten schwer. Weil nicht nur Bonn und Rurberg tolle Strände haben, sitzen wir wieder am Ufer des Flusses und genießen die Sonne. La dolce vita! Abends "genießen" wir zusammen mit einer großen Gruppe unserer spanischen Homies die Prozessionen. Flo zieht bis in die frühen Morgenstunden mit den Spaniern durch unterschiedliche Bars verschiedenen Aussehens. Dabei ortet er auch endlich die exakte Lage der geheimnisvollen Torro-Bar. Schon seit Wochen haben wir versucht, diese wiederzufinden.

Mittwoch:
Schon nachmittags finden wir uns in der Schule ein, um erneut, Ihr wisst es schon...Prozessionen zu schaun. Nur diesmal ist es ein wenig anders. Da die Schule am Plaza San Francisco liegt und dies nun mal DER Platz ist, gibt's hier DEN Blick von drei verschiedenen Stockwerken aus. Auf dem Plaza San Franciso sind Tribünen aufgebaut. Die Plätze in der ersten Stuhlreihe sind für gerade mal 1000 Euro die Woche zu haben, wir ziehen uns das Spektakel für umsonst rein! Der Nachhauseweg (Luftstrecke 200 Meter) gestaltet sich schwierig, da an jeder Ecke neue Nazarener-Prozessionen auf uns lauern. Die haben sich allesamt gegen uns verschworen und zwingen uns hinterhältig zu weiten Umwegen.
Mittlerweile ist die Gruppe der Semana Santa-Freaks auf gut 15 gewachsen. Es ist Danis letzter Abend, und der muss gebührend gestaltet werden! Aus dem netten sich-unterhalten wird schon bald eine wilde Party, bei der alle Hemmungen fallen - die Hüllen aber nicht! Besonders einige blonde deutsche Chiquitas scheinen es unseren spanischen Freunden angetan zu haben. Die Nachbarn treffen wir diese Nacht nicht an. Haben die sich eventuell schon mit der neuen Situation abgefunden oder sind sie ausgezogen?

Donnerstag:
Der Jo ist total bescheuert: Der steht um halb 7 Uhr auf! Abends. Da hat der Flo schon gewischt, eingekauft, gelüftet und ein Barbecue für die Nacht klargemacht. Man trifft sich also mit netten Kollegas und lustigen Randale-Italienerinnen in der alten Schule, um nächtliche Osterprozessionen zu schaun. Denkste. Denn es fängt an zu regnen, als hätte ganz Senegal zuvor Flamenco getanzt. Und so wird es ein ausgedehntes Grillfest ohne Osterprozessionen.

Karfreitag:
Trauerstimmung. Die Sevillaner lassen noch mal ihr Katholikentum raushängen, was das Zeug hält. Alle Männer sind schwarz gekleidet; sehr viele Frauen (egal welchen Alters) laufen mit hochgesteckten schwarzen Trauerbändern in den Haaren rum. Wir treffen uns mit unserem Lieblingskanadier Tim, dessen Eltern auf Besuch sowie einheimischen Amigas und Amigos auf ne Prozession. Wegen Regen muss aber auch diese abgebrochen werden, woraufhin wir das ganze in total überfüllte Tapasbars verlegen. Weil die Kellner dort keinen Bock mehr haben, übernimmt Flo deren Job. Jo findet: Hat er gut gemacht.

Samstag:
Wir flüchten vor der Semana Santa an den Strand, da glücklicherweise heute die Sonne scheint. Unsere Homie-Sekretärin Bélem hat Geburtstag und feiert dies mit einigen Flaschen Whiskey (sprich andalusisch: Viky), Freunden und einer großen Portion Krabben. Unser Bus dient selbstverständlich als Zubringer. Nach der Rückkehr genießen wir auf Tipp einer Mitbewohnerin ein Tanz- und Gesangspektakel im berüchtigten Touristenviertel Santa Cruz. Gratis - der Clue (französisch): Die Flamencoschau gleich nebenan kostet läppische 27 Euro inkl. Mehrwertsteuer und einem Getränk.

Sonntag:
Sonntag, ach das ist ja heute. Erst mal FROHE OSTERN und viele bunte Eier! Wir haben gar keine bekommen! Wahrscheinlich hatte der Osterhase Angst vor den maskierten Nazarenern. Oder irgendein Hurensohn (sorry) hat dem Osterhasen den Schlitten kaputtgetreten! Im Internetcafé gratulieren wir dem Gewinner unserer Gästebuch-Aktion herzlich zu seiner handsignierten Postkarte. Unsere Privatlehrerin Friedi bringt uns Sevillanas-Schritte bei. Diesen müssen wir in zwei Wochen für das große Volksfest "Feria de Abril" drauf haben. Spät Abends. Es herrscht Ruhe in den Straßen. Wir machen drei Kreuze: Nie wieder Nazarener in der Hood!


Anmerkungen: